Vermögen und Chancen gerechter verteilen

Arbeit und Wirtschaft

Die SPD erklärt den Bundestagswahlkampf 2017 zum „Gerechtigkeitswahlkampf“ und wir unterstützen sie in diesem Anspruch. Gerechtigkeit, das bedeutet für uns Jusos aber zuvorderst, dass nach Jahrzehnten des halbherzigen Reformierens endlich wirksame Maßnahmen gegen die immer ungerechter werdende Vermögensverteilung in unserer Gesellschaft ergriffen werden.

Reiche mehren ihren Reichtum und das Konzept des Freien Marktes unterstützt sie in ihrem Ansinnen. Es ist eine Binse: Umverteilung wird der ärmeren Mehrheit der Bevölkerung nicht geschenkt. Und vom eigenen Reichtum etwas abzugeben ist auch keine Frage der Mildtätigkeit.

 

Um für mehr Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen, sind gute Arbeit, hohe Löhne, gute Tarifverträge und der Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse zentral. Das effektivste Mittel gegen ungleiche Verteilung, wie wir sie erleben, aber ist die Steuerpolitik. Sie ist unsere starke Antwort auf die Frage, wie und in welchem Maße umverteilt werden kann und soll. Mit Konzepten, die die zunehmende Vermögensspreizung nur verlangsamen, sie aber nicht umkehren, können und werden wir uns dabei nicht mehr zufriedengeben. Denn das vordergründige Drama bei der Entwicklung unserer Vermögensverhältnisse ist nicht ihre Geschwindigkeit, sondern die Richtung.

Immer mehr Menschen in Deutschland, auch und insbesondere die Jungen, nehmen die Verhältnisse im Land als im Kern nicht gerecht war. Und sie haben Recht. Das reichste Zehntel der Deutschen besitzt etwa 60 Prozent des Nettovermögens. Tendenz: Weiter steigend. Zuletzt konnten laut Berechnungen der Bundesbank insbesondere Haushalte mit Immobilien- und Wertpapierbesitz ihre Vermögen mehren.

Wir Jusos machen uns seit jeher für ein Steuersystem stark, das sich an verständlichen Grundprinzipien orientiert. Wir verfolgen das Einnahmeziel, also die Erzielung von Einnahmen für den Staat zum Zwecke der Bewältigung seiner Aufgaben. Wir verfolgen das Umverteilungsziel, also die (Rück-)Verteilung von Vermögenswerten von oben nach unten. Wir verfolgen das Lenkungsziel, glauben also, dass Steuerpolitik geeignet ist, in gewissem Maße gewünschtes Verhalten einzelner Bevölkerungsgruppen zu fördern. Dies verbinden wir mit dem horizontalen und vertikalen Leistungsfähigkeitsprinzip, also dem Anspruch, dass in der Besteuerung gleiches gleich und ungleiches ungleich behandelt wird. Die Verwirklichung dieser Ziele ist erkennbar an die Notwendigkeit geknüpft, unser Steuersystem zugunsten einer stärkeren direkten Besteuerung umzubauen, da sie am verlässlichsten in der Lage ist, eine gerechte(re) Verteilung zu erzwingen.

Gleichzeitig verweisen wir seit Jahr und Tag auf die immer drängendere Notwendigkeit staatlicher Investitionen. Diese unterbleiben schon lange in einem Maße, das zu einem deutlichen dreistelligen Milliardenbetrag an dringenden Investitionsbedarfen in Deutschland geführt hat. Diesen abzuarbeiten, wird schon jetzt Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Deshalb dürfen steuerpolitische Maßnahmen im Jahr 2017 keineswegs nur darauf ausgerichtet sein eine Umverteilung zwischen den verschiedenen SteuerzahlerInnengruppen zu erwirken. Vielmehr geht es darum, auch spürbare Mehreinnahmen zu erzielen, die dem Staat investiv für Infrastruktur, Bildung, Wohnungsbau, Klimaschutz, internationale Verantwortung und vieles mehr zur Verfügung stehen. Sie werden, gemeinsam mit den Haushaltsüberschüssen von Bund, Ländern und Kommunen, mehr als dringend benötigt.

In den weiteren Wahlprogrammprozess der SPD bringen wir uns also mit dem Ziel der Umkehrung der Vermögensverteilungsentwicklung sowie der Zielsetzung der Erzielung zusätzlicher Staatseinnahmen ein. Dazu werden wir uns u.a. für folgende Forderungen stark machen:

  • Eine progressive Einkommenssteuer, die alle Einkommensarten gleich behandelt und somit die Abgeltungssteuer abschafft.
  • Hohe und höchste Einkommen – ab 70 000 Euro Jahresbrutto für Alleinstehende und 140 000 Euro Jahresbrutto für Paare – müssen im Sinne einer gerechteren Verteilung stärker belastet werden. Für sie streben wir einen Spitzensteuersatz an, der endlich wieder oberhalb von 50 Prozent angesiedelt sein muss.
  • Unabhängig vom konkreten Spitzensteuersatz unterstützen wir einen steuerlichen Aufschlag von drei Prozentpunkten für Superreiche mit einem Jahresbrutto von 240 000 Euro oder mehr.
  • Für niedrige und mittlere Einkommen bis zu einem Jahresbrutto von 30 000 Euro für Alleinstehende streben wir Entlastungen in der Einkommenssteuer an.
  • Einkommen unterhalb des (moderat anzuhebenden) Einkommenssteuerfreibetrages wollen wir durch Entlastungen im Bereich der Sozialabgaben erreichen. Staatliche Zuschüsse, beispielsweise zum ArbeitnehmerInnen-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung, können hierfür ein geeignetes Mittel sein, sofern sich daraus keinerlei Nachteile für die individuellen Anwartschaften ergeben.
  • Das Ehegattensplitting gehört weiterhin abgeschafft.
  • Die ausgesetzte Vermögenssteuer muss wieder aktiviert werden. Hierüber gibt es einen breiten politischen Konsens innerhalb der Sozialdemokratie bei gleichzeitigen Meinungsverschiedenheiten über die Möglichkeit (und Notwendigkeit), eine sog. Substanzbesteuerung zu vermeiden. Wir bekräftigen hierzu unseren Bundeskongressbeschluss aus dem Jahr 2014 und schließen uns den rechtlichen und ökonomischen Einschätzungen des DGB an. Das bedeutet für uns insbesondere:
    • Die Reaktivierung der Vermögensteuer mit einem Steuersatz von 1%. Dabei sollen Freibeträge (zwischen 500.000 € und 1 Million € bei individueller Besteuerung) berücksichtigt werden. Gemeinsame Anlagen werden, soweit dies nicht anderweitig geregelt ist, nach dem hälftigen Grundsatz geteilt. Gebrauchsvermögen wie Hausrat, selbstgenutztes Wohneigentum, Auto etc. wird von der Steuer freigestellt.
    • Betriebsvermögen kleiner und kleinster Unternehmen sollen ebenfalls durch auskömmliche Freibeträge geschützt werden. Berechnungen der Gewerkschaft ver.di gehen davon aus, dass bereits ein Freibetrag in Höhe von 2 Millionen Euro 98% der im Handelsregister erfassten 3,6 Millionen Unternehmen in der Bundesrepublik schützen würde. Denn Betriebsvermögen sind in Deutschland häufig gar nicht in Unternehmen, sondern vielmehr in Form von Anteilen an Aktiengesellschaften und GmbHs in Privatvermögen zu finden.
    • Jede weitere Sonderbehandlung von Betriebsvermögen ist auszuschließen. Andernfalls könnte die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Steuer entfallen. Außerdem bietet der übermäßige Schutz von Betriebsvermögen die Möglichkeit, privates Vermögen durch die in Deutschland recht einfach mögliche Umwandlung in Betriebsvermögen der Vermögensbesteuerung zu entziehen.
  • Erbschaften gehören deutlich stärker besteuert, da sie in besonderem Maße zur ungleichen Vermögenskonzentration in unserer Gesellschaft beitragen. Gerechte Verteilung ohne klare Nachschärfungen in der Erbschaftssteuer wird faktisch nicht zu realisieren sein. Deshalb fordern wir eine Umwandlung der Erbschaftssteuer in eine Millionärssteuer durch einen Dreiklang aus:
    • Anhebung der Freibeträge
    • Erhöhung der Steuersätze
    • Abschaffung des Wildwuchses an Ausnahme– und Abschreibungsmöglichkeiten
 
 

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