It's simple: Wahlen verliert man in der Mitte

Allgemein

Die lang befürchtete Wahlniederlage ist nun eingetreten. Die SPD hat ein miserables Ergebnis geholt und verfehlt ihren eigenen Anspruch - den Kanzler zu stellen - um Lichtjahre. Jetzt wird öffentlich natürlich über Gründe für dieses Debakel gestritten. Was mir dabei wichtig ist: Es ist sehr einfach. Die SPD hat die Wahl verloren, weil sie versucht hat sich in der Mitte zu positionieren. Doch wo schon CDU, FDP und Grüne um WählerInnen kämpfen, gibt es für die SPD nichts zu gewinnen. Vor allem weil die Kernkompetenz der SPD nun mal Soziale Gerechtigkeit und nicht Neoliberales, Konservatives oder Fremdenfeindliches Gefasel ist. Die Gurkentruppe im Willy-Brandt Haus und in der SPD-Bundestagsfraktion glaubt dennoch fest daran, mit einigen neoliberalen Signalen „die Mitte“ zu gewinnen. Unterstützt wird diese Ansicht von  konservativen Medien, die wie ein Naturgesetz herunterbeten, dass die SPD mit einem linken Programm nichts gewinnen könne. Doch wer links und rechts gleichzeitigt blinkt, hat eine Panne.
 

Wenn jetzt behauptet wird eine ausführliche Analyse sei notwendig, um die Wahlniederlage der SPD zu verstehen, ist das schlicht Augenwischerei oder Dummheit. Warum die SPD verloren hat ist klar wie Doppelkorn. Anstatt eines konsistenten, linken, alternativen Gesellschaftsentwurfs zur großen Koalition, bot die Partei eine wischiwaschi Maßnahmenliste.  Bewusst wurde vom Spitzenpersonal (Schulz, Gabriel, Oppermann, Heil) auf eine Abgrenzung zur neoliberalen Reformpolitik der letzten Jahre verzichtet.  Mit dem Kokolores-Kompromiss, der sinngemäß lautete „die Agenda 2010 beinhaltete viel Schlechtes, aber die Agenda 2010 beinhaltete auch viel Gutes“ versuchte man die Wahlauseinandersetzung zu bestreiten. Wobei die SPD mit diesem Kompromiss schon die Wahlen 2005, 2009 und 2013 verloren hatte.  Die SPD konnte das Vertrauen der Wähler, die sie durch die unsozialen Reformen verspielt hatte, nicht zurück gewinnen. Gleichzeitig gewann sie keine neuen Stimmen in „der Mitte“ der Gesellschaft hinzu.

Dass diese Strategie in die Sackgasse führen musste, zeigten auch sehr anschaulich die Umfragewerte: Martin Schulz erklärte seine Kandidatur zum Kanzlerkandidaten und schloss erstmals eine Koalition mit der Linkspartei nicht mehr explizit aus -> die SPD legte in den Umfragen zu. Martin Schulz äußerte massive Kritik an einem Kernpunkt der Agenda 2010 (nämlich der Dauer der Zahlung des ALGI) -> Die SPD erreichte in den Umfragen (gefühlt) nie gekannte Höhen. Nach einer enttäuschenden Wahl im Saarland bringt Martin Schulz erstmals eine Ampelkoalition explizit ins Spiel und wischt damit implizit (aber eindeutig) alle Bemühungen um mehr Gerechtigkeit vom Tisch -> Die SPD verliert in den Umfragen (FDP und Gerechtigkeit, Hallo?). Martin Schulz lädt Agenda-Kanzler Schröder als Hauptredner zum SPD Parteitag ein -> SPD verliert weiter. Martin Schulz versucht die Flüchtlingskrise  zu Instrumentalisieren -> Die SPD verliert und verliert und verliert.

Wie es anders laufen kann sieht man ebenso anschaulich in Großbritannien. Nach der Wahl von Jeremy Corbyn und der damit verbundenen Linkswende wurde der Labour Party  von den konservativen Medien mit naturgesetzlicher Sicherheit das Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit prognostiziert. Von der PM-Mehrheit ist die Labour Party noch immer weit entfernt, aber von ihrem Letzte GE Ergebnis (30,4% Sitze; 40,0% Stimmen) können deutsche SozialdemokratInnen (und neoliberale Labour-Kandidaten wie Gordon Brown oder Ed Miliband) nur träumen. Wenn jetzt um die Lehren aus der Bundestagswahl gestritten wird, sollten also zwei Dinge allen klar sein! Erstens: Es ist einfach. Zweitens: Wahlen verliert man in der Mitte. Leider wird die SPD von einer Gurkentruppe (Schulz, Gabriel, Oppermann, Heil) dominiert, die diese Wahrheit ignoriert.  Einen inhaltlichen Neuanfang wird es für die SPD deshalb niemals ohne einen personellen Neuanfang geben.

Kommentar von Jan Siebert, Mitglied des Landesvorstands der NRW Jusos

 
 

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