TTIP – Teil des Problems

Arbeit und Wirtschaft

„Wir sollen dahin gehen, wo es brodelt und stinkt. Sollen jedes noch so abseitig formulierte Problem ernst nehmen, dafür Positions-Pirouetten drehen, gesellschaftlich ausgetretene Pfade verlassen und wieder „näher an den Menschen“ sein.

Und dann taucht da ein Thema auf, das Millionen von Menschen verängstigt. Das Gegenpetitionen hervorbringt, die täglich von Tausenden unterzeichnet werden. Dessen Folgen nicht abzusehen sind, dessen Instrumente aber schon jetzt große Umwälzungen erahnen lassen. Und was ist bei dieser Giftgrube von Debattenthema plötzlich die gebotene Haltung? Ruhig bleiben! Wir machen das schon! Ihr seid hysterisch. Alles halb so wild.

Wir sprechen vom Freihandel, genauer gesagt von den Abkommen CETA (mit Kanada) und TTIP (mit den USA). Eins vorweg: Wir NRW Jusos gehören nicht zu denen, die Freihandel schon aus ideologischen Gründen wie Antiamerikanismus ablehnen. Nutzt Handel den Betrieben nachhaltig, besteht die Möglichkeit, dass alle davon profitieren – durch gesteigertes Steueraufkommen und mehr Arbeitsplätze – begrüßen wir den Freihandel ausdrücklich.

Doch TTIP und CETA haben zwei Haken, die bisher nicht angetastet wurden. Sie verbergen sich hinter den harmlosen Hülsen „Investorenschutz“ und „Schiedsgerichte“. Ließe man diese beiden Dinge so, wie derzeit vorgesehen, hieße das nichts anders als: Liebe Wirtschaft, macht was Ihr wollt, wir halten uns raus. Denn: Investorenschutz heißt, die Politik verpflichtet sich, nichts zu beschließen, was unternehmerischen Profit einschränken könnte. Auf der Liste der Unmöglichkeiten stünden dann z.B.: jedwede Steuererhöhung, Ausweitung betrieblicher Mitbestimmung, Lohnsteigerungen etc.

Mit den Schiedsgerichten – egal ob öffentlich-rechtlich oder als unabhängiger „Handelsgerichtshof“ – bekämen die Unternehmen ein rechtliches Privileg in die Hand, das den Gesetzgeber machtlos machen würde. Unmöglich würden unter anderem politische Projekte wie die Energiewende oder BürgerInnenprotest gegen Großprojekte – die Rechtsgleichheit wäre aufgehoben.


Ganz deutlich gesagt: Käme es hart auf hart, wäre Politik mit einem Streich unmöglich. Die Wirtschaft hätte stets das absolute Veto und wäre noch deregulierter, als Wolfgang Clement es sich in seinen kühnsten Träumen hätte zusammenfantasieren können.

Und unter solchen Vorzeichen wundert man sich tatsächlich über sinkende Wahlbeteiligung und steigende Proteste? Mit einer solchen politischen Kapitulation will man allen Ernstes für die Bereitschaft zum politischen Engagement werben? Trotz öffentlicher Konferenz mit 700 TeilnehmerInnen und Livestream am Montag im Willy-Brandt-Haus müssen wir an dieser Stelle sagen: Lieber Sigmar, deine Position beim Transatlantischen Freihandel und die gesamte Kommunikation rundherum sind Teil des Problems, nicht der Lösung. Es ist Politik für die ganz Großen – nicht für die Menschen, denen die SPD einst verpflichtet war und für die sie sich gegründet hat. Unter der vielbeschworenen „Regulierung der Globalisierung“ stellen wir uns etwas anderes vor.

NRW Jusos und Jusos Dorsten

 
 

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