SPD feierte ihren Geburtstag

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Freiheit, Gerechtigkeit, Brüderlichkeit – mit diesen Worten eröffnete der SPD-Vorsitzende Michael Baune die 150-Jahr-Feier am Freitag im Gemeinschaftshaus Wulfen.

1863 hatte sich der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) diese Grundwerte sprichwörtlich auf seine Fahne geschrieben. „Sind diese Werte heute immer noch gültig?“ fragte Baune – die Antwort gab spätestens der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe in seiner Rede, in der er heutige soziale Missstände aufzählte und das Konzept der „heutigen“ SPD vorstellte. Zwischendurch hatten die Jusos die zahlreichen Besucher mit auf eine Zeitreise durch 150 Jahre SPD-Geschichte genommen.

Es war ein bitteres Leben im frühen 19. Jahrhundert, das Millionen Arbeiter in Deutschland führen mussten. 7-Tage-Woche, 12-Stunden-Schichten, Kinder mussten gar bis zu 15 Stunden arbeiten! Keine Rente, ein Leben in erbärmlichen Umständen – die soziale Frage verlangte immer lauter und immer dringender nach Antworten. Am 23. Mai gründete sich in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein, aus dem die heutige Sozialdemokratische Partei Deutschlands hervorging. „Seitdem hat sich vieles geändert, vieles verbessert. "Ende gut, alles gut? Ist die soziale Frage gelöst?“, fragte Baune gegen Ende seiner Begrüßungrede. „Natürlich nicht! Volle Gleichberechtigung von Mann und Frau? Menschenwürdige Löhne für alle Arbeiter in Deutschland? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Bezahlbare Mieten für jedermann?“, zählte Baune die aktuellen Missstände auf und fuhr fort: „Die soziale Frage ist auch heute keineswegs gelöst.

Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität – wofür diese Werte heute stehen, zählte der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe in seiner Rede auf. „Wer, wenn nicht die Sozialdemokraten, sollen denn fragen, ob es gerecht ist, dass Frauen auch heute noch weniger verdienen als Männer, dass Frauen in deutschen Chef-Etagen so gut wie gar nicht vertreten sind, dass Menschen für Armuts-Löhne von unter 8,50 Euro arbeiten müssen, dass Menschen von dem Lohn eines Vollzeitjobs nicht ohne staatliche Zuschüsse leben können, dass hunderttausende Arbeitsplätze in Leiharbeitsplätze für viel weniger Lohn umgewandelt wurden, dass der Wohlstand einiger weniger in unermessliche Höhen steigt, aber die Kommunen kein Geld haben, ihre Straßen, Schulen und Gebäuden zu sanieren?“. Die soziale Frage, sie verlangt auch heute nach wie vor nach Antworten.

Zuvor hatten die Jusos die Besucher auf eine Zeitreise mitgenommen. Diese begann am 23. Mai 1863, damals gründete sich in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV). 1869 gründete sich in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP); ADAV und SDAP vereinigten sich 1875 in Gotha zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP). Die SAP wurde 1878 von der Reichsregierung verboten („Sozialistengesetz“), nach dem Fall des Sozialistengesetzes entstand 1890 die heutige Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Immer mehr Menschen schlossen sich der SPD an, sie gewann von Reichstagswahl zu Reichstagswahl immer mehr Stimmen und Sitze.

1918 – Revolution in Deutschland, die SPD stellte mit Friedrich Ebert den ersten Reichspräsidenten. Frauen bekamen endlich das Wahlrecht, in der Weimarer Republik stellte die SPD mehrere Reichskanzler und arbeitete an der Demokratisierung Deutschlands.

1933 – das Ermächtigungsgesetz der Nazis, die Grundlage für den späteren Terrorstaat. Mutig stimmte die SPD als einzige Partei mit „Nein“. Es folgten Parteiverbot und Verfolgung, am Ende der zweite Weltkrieg, die Teilung Deutschlands.

1966 – die SPD übernimmt erstmals Regierungsverantwortung in der Bundesrepublik, noch als „Juniorpartner“ in einer großen Koalition.

1969 – Willy Brandt wird Bundeskanzler, 1975 wird Helmut Schmidt Bundeskanzler. In der Regierungszeit der SPD bekommen die Arbeiter in Deutschland mehr Rechte, wird das Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet.

1998 – Gerhard Schröder wird Kanzler. Schröder sagt „Nein“ zu einer deutschen Kriegsbeteiligung im Irak. Es folgt die Agenda 2010 – und mit ihr eine Belastungsprobe für die SPD. 2005 geht die NRW-Wahl verloren, aber 2012 folgte ein glänzender Wahlsieg von Hannelore Kraft; an ihrer Seite wurden in Dorsten beide Wahlkreise von Michael Hübner und Hans-Peter Müller gewonnen.

Das waren 150 Jahre SPD-Geschichte auf Deutschland im Schnelldurchgang.

Sozialdemokraten in Dorsten gibt es seit den 1890er Jahren. Zum Beispiel den Steinmetz Georg Körner. Der machte vor der Reichstagswahl 1893 Wahlkampf für die SPD. Prompt meldete die Obrigkeit die „Agitation“ ans Landratsamt. Und ein Jahr später wurde dem Landratsamt aus Dorsten versichert, dass Körner überwacht würde. Bemerkenswert: Das Sozialistengesetz war 1890 ausgelaufen. Es gab für diese Überwachung durch die Behörden also gar keine gesetzliche Grundlage.

Es folgte die der Bau der beiden Dorstener Zechen, und mit den Zechen kamen tausende Arbeiter nach Dorsten. Die SPD bekam immer mehr Zulauf: Im Dezember 1918 wurde der SPD Stadtverband Dorsten gegründet. In der Nazi-Zeit verboten, gründete sich der SPD- Stadtverband Dorsten nach Kriegsende sofort neu. Bemerkenswert dabei – das Organisationsteam um Hans-Georg Wiemers fand eine Mitgliedsbescheinigung von Ernst Sametinger vom 1. April 1945 (!).

1984 – Heinz Ritter wird erster SPD-Bürgermeister von Dorsten – damals eine Sensation.

1994 – Friedhelm Fragemann löst Heinz Ritter als Bürgermeister ab.

Musikalisch begleitet wurde die Zeitreise von Rainer Migenda & friend. Fotos, Filme und Tondokumente lockerten den Vortrag der Jusos auf. Besonders bewegend: Ausschnitte der Rede des damaligen SPD- Fraktionsvorsitzenden Otto Wels im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!“. Mit dem gemeinsam gesungenen Steiger-Lied endete die Zeitreise.

SPD-Stadtverband Dorsten

 
 

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